heiEDUCATION-Cluster Gesellschaft und Gesundheit (bis 2021)

BETEILIGTE FÄCHER

  • Alltagskultur und Gesundheit
  • Pflegewissenschaften
  • Politische Wissenschaft
  • Soziologie
  • Sportwissenschaft
  • Wirtschaftswissenschaften

PERSONEN

CLUSTERSPRECHER/INNEN


ASSOZIIERTES MITGLIED

  • Johanna Weselek, Pädagogische Hochschule Heidelberg

LEITTHEMA

SCHULE ALS ORT VON NORMATIVITÄT – ZUR VERMITTLUNG VON KOMPETENZEN DER GELINGENDEN LEBENSFÜHRUNG

Das Leitthema des heiEDUCATION-Clusters Gesellschaft und Gesundheit geht von der Annahme aus, dass Schule in zunehmendem Maße ein Lern- und Lebensort wird (Bleckmann/Durdel 2011), an dem Schülern und Schülerinnen Grundlagen für eine gelingende und normativ gehaltvolle Lebensführung vermittelt werden sollen (KMK 2013). Aus den verschiedenen Disziplinen heraus sollen derartige normative Erwartungen an Schulen und ihrem Beitrag zur Herausbildung der Kompetenzen zu einer gelingenden Lebensführung von Schülerinnen und Schülern thematisiert und an der Schnittstelle von Fachwissenschaft und Fachdidaktik erörtert werden. Zu nennen sind hier etwa „verantwortliches“ gesundheitsbezogenes Verhalten (Bewegung, Ernährung usw.), „nachhaltige“ und „bewusste“ Entscheidungen als Verbraucher/innen, „soziale“ Verantwortung (Beutel 2010) oder „aktives“ Engagement für gesellschaftliche Belange (Widmaier/Nonnenmacher 2010).

Dabei geht es für die Arbeit im Rahmen des Clusters nicht nur darum, die sich für die Lehrer/innenbildung ergebenden Herausforderungen zu benennen und didaktische Konzepte zu ihrer Bewältigung zu entwickeln bzw. zu prüfen. Vielmehr sollen auch die problematischen Seiten dieser Entwicklung in den Blick genommen werden, etwa die Überfrachtung von Schule und Schüler/innen mit realistischerweise unerfüllbaren Erwartungen (Kehren 2016), die expertokratische Engführung von Möglichkeiten in der Ausdeutung zentraler Leitbegriffe (wie „Gesundheit“) (Schlegel-Matthies 2015), die Aushöhlung von Autonomie durch paternalistische Vorgaben oder die Entkernung politischer Partizipation im Namen einer allseits konsensfähigen Engagementkultur (Eis 2015). Auch der sozialwissenschaftliche Begriff der Lebensführung selbst erweist sich als durchaus kritikwürdig, sofern in ihm nämlich „die gesellschaftlichen Bedingungen, die sich größtenteils ‚hinter dem Rücken der Akteure‘ und durchaus als Resultat von strategischem und machtförmigem Handeln herstellen, abgeschattet [bleiben]“ (Brand/Wissen 2017: 46). Eine aufgeklärte pädagogische und didaktische Praxis muss diese tendenziell abgeschotteten Bereiche mit in dem Blick nehmen. Damit werden zugleich Herausforderungen für eine fachwissenschaftliche Forschung formuliert, die sich mit zusehends spezialisierten Fragen und Methoden befasst und so den Horizont übergreifender gesellschaftlicher Verhältnisse aus dem Blick zu verlieren droht.

Mögliche Forschungsschwerpunkte zur Bedeutung von Konzepten gelingender Lebensführung in verschiedenen fachlichen Kontexten sind vor diesem Hintergrund u. a.:

  • kritische Analysen der Diskurse in Fachwissenschaft und Fachdidaktik, nicht zuletzt mit Blick auf die unhinterfragten Prämissen und versteckten normativen Gehalte;
  • Entwicklung von Ansätzen der Lehrer/innenbildung, die einen kompetenten Umgang seitens der Lehrkräfte mit Anforderungen der Vermittlung von Aspekten der Lebensführung in Schulen ermöglichen;
  • Studien zu schulischen Praktiken im Lichte wirkmächtiger Leitbilder und politischer Vorgaben, vor allem mit Blick auf Aneignungs- und Umsetzungsprozesse;
  • Reflexion der Entwicklungsprozesse zu Ganztagsschulen, in dem lebensweltbezogene Aufgaben wie Bewegung und Ernährung in den Aufgabenbereich von Schule und Schulkultur rücken und damit zum Aushandlungsfeld von verschiedenen Leitbildern werden.
  • Überlegungen zur Verschränkung von Fachwissenschaften und Fachdidaktiken wie auch sinnvoller Interdisziplinarität im Kontext der Analyse von Lebensführungsleitbildern;
  • internationale Vergleiche zu den jeweiligen fachlichen und fachdidaktischen Inhalten oder die Analyse von fachübergreifenden Kompetenzanforderungen.

LITERATUR

  • Beutel, Wolfgang (2010): Demokratiepädagogik und Verantwortungslernen. In: Lange, Dirk/Himmelmann, Gerhard (Hrsg.): Demokratiedidaktik. Impulse für die politische Bildung. Wiesbaden: Springer VS.
  • Bleckmann, P./Durdel, A. (2011): Lokale Bildungslandschaften: Perspektiven für Ganztagsschulen und Kommunen, Wiesbaden: Springer VS.
  • Brand, Ulrich; Wissen, Markus (2017): Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus, München: oekom verlag.
  • Eis, Andreas (2015) Soziale Praxis und politisches Lernen in der entpolitisierten Aktivgesellschaft. In: Götz, Michael/Widmaier, Benedikt/Wohnig, Alexander (Hrsg.). Soziales Engagement politisch denken. Chancen für die Politische Bildung, Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag: 117-138
  • Kehren, Yvonne (2016): Bildung für nachhaltige Entwicklung. Zur Kritik eines pädagogischen Programms. Hohengehren: Schneider Verlag.
  • Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) (2013). Verbraucherbildung an Schulen. Beschluss der Kultusminsterkonferenz vom 12.09.2013. https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/weitere-unterrichtsinhalte/wirtschaftliche-bildung-und-verbraucherbildung.html
  • Schlegel-Matthies, Kirsten (2015). Gesundheit und Selbstverantwortung. Was kann und was sollte gelehrt werden? In: Haushalt in Bildung und Forschung. Jg. 4, H. 2: 18-30
  • Widmaier, Benedikt/Nonnenmacher, Frank (2010) (Hrsg.). Partizipation als Bildungsziel. Politische Aktion in der politischen Bildung. Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag.

FORSCHUNGSPROJEKTE DES CLUSTERS

VERANSTALTUNGEN DES CLUSTERS

BEITRAG DES CLUSTERS ZUR SUMMER SCHOOL 2018

Mittwoch, 11.07.2018 | 9.00 17.00 Uhr

Gerade für Schulen stellt sich angesichts der vielfältigen Anforderungen, die Wert- und Normentwicklung der Schülerinnen und Schüler positiv zu beeinflussen, immer wieder die Frage, in welcher Weise und in welchem Ausmaß Überzeugungen bzw. Anreize zur Verhaltenssteuerung beitragen. In diesem Workshop werden mit »Nudging« (Prof. Dr. Holger Straßheim, Universität Bielefeld) und »Politische Bildung für nachhaltige Entwicklung« (Prof. Dr. Bernd Overwien, Universität Kassel) zwei derzeit intensiv diskutierte Themen in den Blick genommen.

Zum Workshop-Bericht

Zum Gesamtprogramm der Summer School 2018