Tagungsbericht: Literatur inspiriert! Schule und Universität im Gespräch über die Potenziale des alt- und neusprachlichen Literaturunterrichts

VORTRÄGE UND WORKSHOPS ERÖFFNEN NEUE PERSPEKTIVEN

Die von Isabel Mand und PD Dr. Joséphine Jacquier (Seminar für Klassische Philologie) organisierte Tagung Literatur inspiriert. Neue Perspektiven auf den alt- und neusprachlichen Literaturunterricht fand großen Anklang: Trotz Covid-19 kamen am 13. November 2021 über 50 Studierende, Lehrkräfte und Forscher:innen in der Aula der Neuen Universität zusammen, um die Potenziale des Literaturunterrichts zu diskutieren und so neue Perspektiven für den Fremdsprachenunterricht zu entwickeln. Hervorgegangen war die Tagung aus Isabel Mands PLACE Forschungsprojekt „Literatur in der Krise? Zum Stellenwert des Literaturunterrichts im gymnasialen Fremdsprachenunterricht am Beispiel von Latein und Französisch“.

Den Anfang machte Dr. Herle-Christin Jessen (Universität Heidelberg). Ausgehend von einem Tweet der Abiturientin Naina aus dem Jahr 2015, in dem diese die mangelnde Vermittlung von „Alltagskompetenzen“ zugunsten eines zu wichtigen Literaturunterrichts beklagt, konzeptualisierte Herle-Christin Jessen ästhetische Kompetenzen am Beispiel von Bolaños El policía de las ratas und Kafkas Josefine, die Sängerin oder das Volk der Mäuse. Unter dem Stichwort der Metafiktionalitätskompetenz warf sie die Frage auf, inwiefern im Fremdsprachenunterricht die Selbstreflexion von Literatur im Text thematisiert werden kann und wie auf diese Weise weitere Kompetenzziele, wie etwa die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität, erreicht werden könnten.
Christian Haß (Universität Heidelberg) stellte Überlegungen zum Wesen und Zweck von Literatur an, wobei er diese nicht nur vor dem Hintergrund der theoretischen Positionen der Hermeneutik und des Konstruktivismus skizzierte, sondern auch auf die aktuellen Bildungspläne Baden-Württembergs Bezug nahm. Dabei stellte er Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Herangehensweisen im alt- und neusprachlichen Literaturunterricht zur Diskussion und illustrierte seine Überlegungen anhand eigens durchgeführter Unterrichtsprojekte zu Catull und García Lorca. Diese profilierten einen kreativen Umgang mit Texten als einen besonders vielversprechenden Weg, literarische Erfahrungen im Unterricht zu ermöglichen.


IMPRESSIONEN


Bei Prof. Dr. Johannes Odendahl (Universität Innsbruck) stand die Problematisierung der Vermittlung literarischer Kompetenzen im Vordergrund, wobei er unter anderem auf die Studie von Julia Knopf („Literar-ästhetische Rezeption im institutionellen Kontext“, 2010) Bezug nahm. Ausgehend von Roman Jakobsons sechs sprachlichen Funktionen formulierte er Charakteristika von poetischem Verstehen. Zuletzt stellte er die Frage in den Raum, ob es sich bei literarischem Verstehen um eine Kompetenz handelt, die im aktuellen Schulsystem vermittelt, gemessen oder gar gesteigert werden kann. Die von Odendahl skizzierte Unwägbarkeit von literarischem Verstehen wurde im Anschluss rege diskutiert.  
In den von Laura Klas (Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg) und Miriam Wedekind (Adolf-Schmitthenner-Gymnasium Neckarbischofsheim) geleiteten Workshops hatten die Teilnehmer:innen am Nachmittag die Möglichkeit, sich praxisorientiert mit dem Einsatz von sozialen Medien zu beschäftigen sowie Berührungspunkte und Differenzen zwischen dem alt- und neusprachlichen Literaturunterricht zu diskutieren. Dieser offene Austausch erlaubte es allen Beteiligten, den persönlichen Standpunkt zu hinterfragen und den eigenen Horizont zu erweitern.

In vielen Rückmeldungen wurde betont, dass die enge Verzahnung von Theorie und Praxis und der grenzüberschreitende Diskurs zwischen Schule und Universität als besonders fruchtbar erlebt wurde. Für die Zukunft sind weitere Begegnungen zwischen Schule und Universität geplant, ein Verteiler befindet sich im Aufbau. Die Aufnahme erfolgt über LITERATUR-INSPIRIERT-SKPH@LISTSERV.UNI-HEIDELBERG.DE.