Public History ‚praktisch‘: Das Projekt „Labyrinth der Zeit“ in Niederbronn-les-Bains

VERSCHRÄNKUNGSMODUL IM FACH GESCHICHTE

Beim Verschränkungsmodul (VM) mit dem Titel „Public History ‚praktisch‘: Das Projekt ‚Labyrinth der Zeit‘ in Niederbronn-les-Bains“ handelte es sich um ein Studienangebot im Fach Geschichte. Das VM wurde von Prof. Dr. Cord Arendes (Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History, Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Manfred Seidenfuß (Geschichte und ihre Didaktik, Pädagogische Hochschule Heidelberg) im Sommersemester 2023 im Rahmen einer gemeinsamen Lehrveranstaltungsreihe angeboten. Das VM setzte sich dabei aus zwei gleichnamigen Übungen zusammen, die zeitlich wie inhaltlich direkt miteinander verschränkt waren: Der erste Teil fand als dreitägige Exkursion Mitte April 2023 in der „Internationalen Jugendbegegnungsstätte Albert Schweitzer“ (JBS) in Niederbronn-les-Bains im nördlichen Elsass statt. Die JBS begleitet als Einrichtung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) durch ihre Arbeit die Erinnerung und das Gedenken an knapp 16.000 Tote des Zweiten Weltkrieges, die auf dem sich am gleichen Ort befindlichen deutschen Soldatenfriedhof bestattet sind. Der zweite Teil fand als reguläre Lehrveranstaltung (2 SWS) im Sommersemester 2023 statt. Neben den beiden Dozierenden nahmen 16 Studierende des Master of Education der Universität sowie der Pädagogischen Hochschule Heidelberg am VM teil.

Die Studierenden mit ihren Professoren dem Eingang der Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains, April 2023.
Teilnehmer:innen vor dem Eingang der Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains, April 2023 | Bild: © Andreas Gräfl
Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains im Regen, April 2023.
Kriegsgräberstätte in Niederbronn-les-Bains, April 2023 | Bild: © Cord Arendes

Das Projekt ging auf eine Initiative des VDK, konkret der beiden dortigen Fachbereiche „Friedenspädagogisches Arbeiten an Schulen und Hochschulen“ sowie „Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten“ zurück. Der VDK hatte im Sommer 2022 der Professur für Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History eine Projektkooperation vorgeschlagen, deren Gegenstand eine methodisch-didaktische Ideensammlung im Rahmen der geplanten Neugestaltung des direkt an die deutsche Kriegsgräberstätte grenzenden Areals bzw. Außengeländes der JBS in Niederbronn-les-Bains bildete. Der VDK betreibt drei weitere Jugendbegegnungsstätten in Belgien (Lommel), in den Niederlanden (Ysselstein) sowie an der deutsch-polnischen Grenze (Golm). Das VM stellte somit die Realisation dieser Kooperation unter maßgeblicher Beteiligung des Teams der JBS, vor allem der Leiterin Joëlle Winter, in der Praxis dar.

Die Studierenden bei der Gruppenarbeit in der JBS Albert Schweitzer, April 2023.
Gruppenarbeit in der JBS Albert Schweitzer, April 2023 | Bild: © Niels Grammes

Das erste Lernziel des VM bestand darin, dass sich die Studierenden umfassend in das Themenfeld des Gedenkens an tote Soldaten und die Präsenz von deutschen Kriegsgräbern bzw. Kriegsgräberstätten auch außerhalb Deutschlands einarbeiten. Dabei ging es nicht zuletzt darum, den historischen Wandel des Gedenkens, die Historizität zeitgenössischer Geschichtspolitik(en) sowie die jeweilige Rolle des VDK herauszuarbeiten und zu analysieren. Die Lerninhalte wurden hier von den Studierenden selbst erarbeitet und durch die Mitarbeiter:innen der JBS an konkreten Beispielen ergänzt. Das zweite Lernziel des VM bezog sich auf das Kennenlernen und kritische Reflektieren der am Ort der JBS vorhandenen didaktisch-pädagogischen Konzepte bei der Vermittlung der Kriegsgräberstätte als Ort des Gedenkens und Lernens für Schüler:innen oder auch andere Besucher:innen. Hier wurden die Lerninhalte durch die Mitarbeiter:innen auf theoretischer Ebene vorgestellt und zudem praktisch an der Gruppe der Studierenden „erprobt“.

Ein Student präsentiert das Ergebnis einer der vier Arbeitsgruppen; neben ihm am Stehtisch eine Kommilitonin.
Präsentation der Ergebnisse der vier Arbeitsgruppen, Juli 2023 | Bild: Cord Arendes

Das Fallbespiel „Projekt Niederbronn-les-Bains“ ist ein weiterer guter Beleg für die Annahme, dass vor allem VM, die bereits von Beginn an als Kooperationen zwischen Dozierenden der Universität und der Pädagogischen Hochschule konzipiert worden sind, in ihrer Umsetzung auch zu entsprechend überzeugenden Ergebnissen führen. Auf diesem Weg ist zudem gewährleistet, dass die jeweiligen Stärken von Studierenden unterschiedlicher Varianten des M. Ed. in ein gemeinsames wissenschaftliches Projekt einfließen können. Dass darüber hinaus auch neue persönliche Verbindungen jenseits eingefahrener Bezugsgruppen an beiden Hochschulen entstehen, ist ebenfalls ein positiver Aspekt – auch hier erweist sich das Format einer gemeinsamen Lehrveranstaltung (im Gesamtumfang von 4 SWS) als besonders vorteilhaft. Und nicht zuletzt hat dieses Projekt in hohem Maße von der Beteiligung gleich mehrerer Kooperationspartner profitieren können: Die Studierenden erhielten die Möglichkeit, über den reinen Besuch der Lehrveranstaltung hinaus mit eigenem Engagement im Sinne des Service Learning für ein gesellschaftlich bedeutsames Ziel tätig zu sein – und zusätzlich auch neue Kontakte zu knüpfen, die nicht nur im angestrebten späteren Lehrberuf einen Gewinn darstellen dürften.