Lokale Lerner*innenkorpora im und für den englischen Fremdsprachenunterricht

PROJEKTVERANTWORTLICHER

  • Ingo Kleiber (Heidelberg School of Education, Doktorand bis 09/2020)

PROJEKTBESCHREIBUNG

Sprachkorpora, das heißt (große) systematische Sammlungen maschinenlesbarer und authentischer Sprachdaten, sind für die moderne Sprachwissenschaft unabdingbar geworden. Die qualitative, aber vor allem auch die quantitative computergestützte Analyse solcher Korpora erlaubt es, Einblicke in die Sprache zu erhalten, die mit traditionellen Verfahren undenkbar gewesen wären. Aktuelle Entwicklungen, wie zum Beispiel der Einsatz von Verfahren aus dem maschinellen Lernen, erweitern dabei nicht nur den Methodenpool, sondern eröffnen auch neue Forschungs- und Anwendungsperspektiven.

Während Korpora zwischenzeitlich in fast allen sprachwissenschaftlichen Disziplinen Anwendung finden, wurde die Bedeutung dieser relativ jungen Disziplin (Korpuslinguistik) für die Spracherwerbsforschung und die Fremdsprachendidaktik bereits sehr früh erkannt. Insbesondere Lerner*innenkorpora, welche versuchen die Lerner*innensprache abzubilden, haben die Erwerbsforschung fundamental beeinflusst. Nichtsdestrotz ist die Verbreitung von korpusgestützten didaktischen Ansätzen in der Fremdsprachendidaktik bisweilen nur sehr gering.

Ziel dieses Projektes, welches sich an der Schnittstelle zwischen Fachwissenschaft (Korpus- und Computerlinguistik, Spracherwerbsforschung, Konstruktionsgrammatik) und Fremdsprachendidaktik bewegt, ist es, diese Lücke zwischen Forschung und Praxis zu verkleinern.
Der Ausgangspunkt dafür liegt in der Betrachtung lokaler Lerner*innenkorpora. Diese werden von den Lerner*innen und Lehrer*innen selbst kompiliert und analysiert. Dies hat zur Folge, dass die Korpusdaten nicht nur extrem spezifisch für den lokalen Kontext sind, sondern auch durch wertvolle Metadaten angereichert werden können.

Die lokal gesammelten Daten können dann genutzt werden um beispielsweise datengestützte Erkenntnisse über den Spracherwerb der Lerner*innen zu gewinnen (learning analytics). Ebenfalls können die lokalen Korpora, die nicht zwingenderweise nur Lerner*innendaten beinhalten müssen, didaktisch für den Unterricht verwendet werden, zum Beispiel für die Materialerstellung oder in Form des Data-Driven-Learning.
Das Dissertationsprojekt (betreut von Prof. Dr. Beatrix Busse) verfolgt dabei drei Teilziele:

  1. Die Grundlegung einer sprachwissenschaftlich informierten Didaktik basierend auf lokalen (Lerner*innen)Korpora und der Pattern-/Konstruktionsgrammatik als linguistischem Bezugsystem.
  2. Die Entwicklung und prototypenartige Umsetzung einer neuartigen Software-Infrastruktur (Plattform und Algorithmen), die die Kompilation und Analyse solcher Korpora für Lernende und Lehrende ermöglicht.
  3. Die beispielhafte Erprobung von (1) und (2).

VERKNÜPFUNG MIT DER LEHRE

Eine Grundbedingung für den Erfolg von korpusbasierten didaktischen Ansätzen ist die grundständige Aus- und Weiterbildung von Fremdsprachenlehrkräften im Bereich der Korpuslinguistik.

In verschiedenen linguistischen und fachdidaktischen Lehrveranstaltungen (zum Beispiel Corpus Approaches to English Language Teaching) an der Universität und an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg werden gemeinsam mit Studierenden die Grundlagen der Korpuslinguistik erarbeitet und das (fachdidaktische) Potenzial der Arbeit mit authentischen Sprachkorpora erforscht und ausgelotet.

Im Zuge des forschenden Lernens haben die Studierenden dabei die Gelegenheit, selbst forschend tätig zu werden und Erkenntnisse zum jungen Feld der Learner Corpus Research beizutragen.