Das 5-Stunden-Modell – ein rein praxisorientiertes Projekt im Fach Geschichte

THOMAS SCHMID

Thomas Schmid
Bild: privat
  • Fachleiter Geschichte, Staatliches Seminar (GWHRS) für Didaktik und Lehrerbildung Mannheim
  • Teilzeitabordnung (50%) im Projekt PLACE vom 01.09.2017 – 31.08.2018

DIE GRUNDIDEE

Zu den Basiskompetenzen jeder Lehrkraft gehören die Planung, die Umsetzung und die Reflexion von Unterricht. Die Hauptschwierigkeiten am Beginn der Ausbildung liegen aus meiner langjährigen Seminar-Erfahrung heraus für die Studierenden eindeutig bei der Unterrichtsplanung. Warum also nicht für Entlastung sorgen? Und die Ausbildungsschwerpunkte auf Durchführung und Reflexion legen?
Also werden bereits fertige und vor allem bewährte Geschichtsstunden vorgestellt, analysiert und umsetzungsorientiert besprochen. Sozusagen ein Inszenierungsgespräch wie im Theater. Dann wird gehandelt, indem der Unterricht durchgeführt wird. Und zwar zweimal, am selben Tag in zwei verschiedenen Klassen. Mit einer Pause dazwischen, um rasch und flexibel Modifikationen einzubauen, die sich aus der ersten Unterrichtsbeobachtung anbieten. Learning by doing. Learning by watching. Learning by reacting. Learning by improving. Immediately!

DAS SETTING

BETEILIGTE

  • jeweils zwei Lehramtsstudierende als Agierende
  • zwei bis vier Lehramtsstudierende als Beobachtende
  • ein Betreuender der HSE

ZEITRAUM

  • jeweils vier bis fünf Vormittage

ABLAUF

  • Den Lehramtsstudierenden wird im Vorfeld die fertige Skizze eines bereits erprobten, eng geführten Unterrichts an die Hand gegeben, welche nach Bedarf modifiziert werden kann. Dazu findet eine analysierende Vorbesprechung mit allen Beteiligten statt.
  • Zwei Agierende führen die Unterrichtsstunden nacheinander in Anwesenheit von Beobachtenden und des Betreuenden in zwei verschiedenen Klassen durch (= Stunden 1 und 2 des 5-Stunden-Modells).
  • Anschließend findet eine erste Reflexionsrunde statt.
  • Dem zweiten Durchgang liegt wiederum eine Planungsskizze zugrunde, die eine eher offene Unterrichtsführung darstellt, an die erste anschließt und ebenfalls leicht abgewandelt werden kann.
  • Beide Agierende leiten auch diese Stunden nach den Vorgaben in Anwesenheit der Beobachter und des Betreuenden – wiederum in zwei Parallelklassen (= Stunden 3 und 4 des 5-Stunden-Modells).
  • Nun folgt die zweite Reflexionsrunde mit allen Beteiligten.
  • Die beiden Agierenden erhalten dann die Aufgabe, gemeinsam eine Folgestunde nach ihren Vorstellungen, aufbauend auf den erworbenen Erfahrungen aus den Unterrichtsstunden 1 – 4, zu planen und diese durchzuführen. Alternativ wäre auch die Beteiligung der Beobachtenden an der Planung möglich (= Stunde 5 des 5-Stunden-Modells).
  • Das abschließende Reflexionsgespräch beinhaltet alle gewonnenen Erfahrungen der vergangenen Tage und fördert so die Fähigkeit, Perspektiven zu wechseln, Unterrichtsvorhaben und deren Skizzen kritisch zu beleuchten, um schließlich didaktisch-methodische Alternativen zu entwickeln.

SCHULEN

An folgenden Schulen wurde das Modell in zwei 9. Klassen umgesetzt (jeweils mit dem Unterschied, dass bereits zwischen den am selben Tag gehaltenen Geschichtsstunden eine erste Reflexionsrunde stattfinden konnte):

  • Geschwister-Scholl-Realschule in Mannheim-Vogelstang im Rahmen des ISP im Wintersemester 2017/18
  • Internationale Gesamtschule Heidelberg im Sommersemester 2018

ERGEBNISSE

Die Erfahrungen wurden von den Studierenden durchweg positiv bewertet. Ein Beteiligter fasste sie so zusammen: „Wenn wir sonst in Praktika hospitieren, sehen wir quasi immer nur das Endprodukt, also die fertige Unterrichtsstunde. Wir reden über Zutaten, Komponenten, Herangehensweisen, Prinzipien usw. Die Komposition, das Zusammensetzen, den Entstehungsprozess erfahren wir im Grunde nicht oder nur ansatzweise. Das ist, als würde man auf eine fertige Torte blicken, deren Zutaten man kennt, aber die Abläufe hinsichtlich der Entstehung müssten wir selbst ‚finden‘. Dieses Projekt ist anders: Es enthüllt die Planungsvorgänge und lässt uns so sämtliche didaktisch-methodischen Entscheidungsprozesse nachvollziehen. Gut so!“ – Ein durchaus gewagter, aber im Kern nachvollziehbarer Vergleich mit dem Handwerk. Sinn erfasst.

Der ausführliche Abschlussbericht steht in der Sidebar zum Download zur Verfügung.