Beyond Textbooks – Das Schulbuch als Medium zur kulturellen Demokratisierung Westdeutschlands, 1944–1952

PROJEKTBESCHREIBUNG

Die US-amerikanischen Schulbuchmaßnahmen in Deutschland lassen sich in einen Demokratisierungsprozess einordnen, der alle gesellschaftlichen Lebensbereiche und gerade auch Schule und Bildung umfassen sollte. Sie fanden im westlichen Nachkriegsdeutschland statt, das nach dem Zweiten Weltkrieg einen mitunter als „Demokratiewunder“ beschriebenen gesellschaftlichen Wandel durchlief, in dem „indifferente oder gar ablehnende Einstellungen gegenüber der Demokratie zunehmend an Rückhalt verloren“ (Bauerkämper et al. 2005: 11). Lässt sich über die Untersuchung der schulbuchbezogenen Demokratisierungsmaßnahmen eine Erklärung für diesen erklärungswürdigen Befund finden? Die vorliegende Arbeit liefert als Antwort: Ein Wunder war die deutsche Demokratisierung allemal nicht, vielmehr das Ergebnis harter Arbeit. Diese Arbeit, die rund um das deutsche Nachkriegsschulbuch stattfand, ist als Verflechtungsgeschichte zwischen amerikanischer Militärregierung, Social Studies-Experten und deutschen Lehrerinnen und Lehrern greifbar. Indem meine Studie die transatlantischen Verflechtungen in der Neukonzeption und Neuverfassung deutscher Schulbücher nach dem Zweiten Weltkrieg auf lokaler Ebene herausarbeitet, bricht sie das nationale Dogma in der Geschichtsschreibung des deutschen Schulbuches und im Speziellen des Schulgeschichtsbuches auf.

Das Beyond im Titel meines Forschungsprojektes ist dabei programmatisch gewählt: Die Studie weist über eine klassische Schulbuchanalyse hinaus, weil nicht nur das gedruckte Schulbuch, sondern gerade auch sein sozialer und kultureller Entstehungsprozess quellenbasiert zur Untersuchung kommt. Entsprechend vielfältig ist das verwendete Quellenmaterial, bestehend aus Militärregierungsakten, Verlagsmaterialien, Fotografien und Selbstzeugnissen. Zweitens steht der Ausdruck beyond für einen in der Schulbuchforschung oft erhobenen, aber selten eingelösten Anspruch nach einer umfassenden gesellschaftlichen Kontextualisierung ihres Gegenstandes. Diesem Anspruch wird meine Untersuchung gerecht, indem sie das Schulbuch als historische Quelle ernst nimmt und innerhalb der westdeutschen Nachkriegsgeschichte zwischen Zweiten Weltkrieg und Kaltem Krieg verortet. Für die praktische Umsetzung bedeutet dies, dass amerikanische, deutsche und alliierte Quellenbestände miteinander in Beziehung gesetzt werden.

LITERATUR

  • Bauerkämper, Arndt/ Jarausch, Konrad/ Payk, Marcus: Einleitung. Transatlantische Mittler und die kulturelle Demokratisierung Westdeutschlands 1945–1970 in: Demokratiewunder. Transatlantische Mittler und die kulturelle Öffnung Westdeutschlands 1945–1970, hg. von Dies., Göttingen 2005, S. 11–40.
  • Bethge, Johanna: Kalter Krieg ums Schulbuch? Alliierte Schulbuchkonflikte in Berlin, 1946–1948, in: Der Kalte Krieg im Schulbuch, hg. von Franziska Flucke, Bärbel Kuhn und Ulrich Pfeil, St.  Ingbert 2017 (Forschung Geschichtsdidaktik 2), S. 41–56.